Energie
Einleitung
Wohlstand und Entwicklung der Menschheit hängen von erschwinglicher, reichlich vorhandener und zuverlässiger Energie ab. Deshalb brauchen wir saubere Energie in stets ausreichenden Mengen. Zugleich hängt das Überleben unserer lebendigen Biosphäre davon ab, dass menschliche Aktivitäten einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Wir müssen anfangen, diese beiden Aspekte – stets ausreichende saubere Energie und den Erhalt unserer Biosphäre – gemeinsam zu denken.
Die Herausforderung
Die Art, wie wir Energie erzeugen und nutzen, ist für zwei Drittel unserer Treibhausgasemissionen verantwortlich und verursacht darüber hinaus vielfältige weitere Schäden an Mensch und Natur. Der Grund könnte offensichtlicher nicht sein: Noch immer stammen knapp 85 % der globalen (rund 73 % der europäischen) Primärenergie aus fossilen Brennstoffen. Doch gerade bei uns in Europa ist die Energiepolitik stärker von Ideologie als von Wissenschaft geprägt: Lieber verfolgt man populäre Ideen als auf pragmatische Lösungen zu setzen. Im Ergebnis ist unsere Energie schmutziger, gesundheitsschädlicher, weniger zuverlässig und teurer als nötig. Obwohl der Anteil sauberer Quellen an der Primärenergie global gestiegen ist, stieg der Verbrauch fossiler Brennstoffe in absoluten Größen ebenfalls – und mithin die Emissionen.
Unsere Lösungen
Wir wollen die Emissionen von Treibhausgasen auf ein Niveau verringern, das mit dem Pariser Klimavertrag vereinbar ist und zugleich ein versorgungssicheres und kostengünstiges Energiesystem aufrechterhalten. Die Politik muss sich auf dieses eine Ziel konzentrieren. Deshalb wollen wir Regeln oder Zielvorgaben abschaffen, die nur für bestimmte Technologien gelten, die einen bestimmten Anteil dieser Technologien an der Gesamtenergieproduktion festschreiben oder eine bestimmte Rate der Effizienzsteigerung festlegen.
Gut regulierte und gestaltete Märkte sind ein effektives Werkzeug, um Veränderungen auf den Weg zu bringen, doch hierfür müssen sie frei von übermäßigen politischen Eingriffen sein. Europa hat bereits ein marktbasiertes Emissionshandelssystem, das EU-ETS. Dieses System sollte gestärkt und um weitere Sektoren erweitert werden, etwa private Öl- und Gasheizungen oder fossile Kraftstoffe aus dem Verkehrsbereich. Jedoch: Energiemärkte sind auch für ihre Neigung bekannt, bereits etablierte Marktteilnehmer ein- und neue Marktteilnehmer auszuschließen. Politik muss daher Rahmenbedingungen setzen, in denen junge, innovative Unternehmen und zu wenig genutzte, aber wichtige Technologien faire Wettbewerbsbedingungen vorfinden.
Wir wollen Europas Industrie und Arbeitsplätze davor schützen, wegen hoher heimischer Kosten für Emissionen an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren und in Länder mit niedrigeren Umweltstandards abwandern zu müssen. Um diese Verlagerung von CO2-Emissionen (Carbon Leakage) zu verhindern, setzen wir uns für Kohlenstoffzölle an Europas Grenzen ein, die für Produkte und Dienstleistungen aus Ländern mit niedrigeren Emissionsstandards erhoben werden.
Kernkraft ist Europas größte Quelle für sauberen Strom. Sie bietet erwiesenermaßen einen effektiven und skalierbaren Weg, Emissionen zu reduzieren, darüber hinaus ist sie mindestens so nachhaltig wie alle anderen sauberen Energiequellen. Die Benachteiligung und von Ideologie getriebene Ablehnung von Kernkraft muss sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene beendet werden. Kernkraft sollte genau dieselbe Akzeptanz und politische Unterstützung erfahren wie jede andere saubere Energie. Dies erfordert aktive Maßnahmen der Regierungen, um die Bürger faktenbasiert, genau und objektiv zu informieren und zu beraten.
Regierungen und EU sollten neue Technologien unterstützen und dabei den Fokus auf Forschung, Entwicklung sowie Demonstrations- und Pilotanlagen legen. Darüber hinaus sollten Regierungen helfen, finanzielle Risiken langfristiger Projekte im Bereich sauberer Energien zu minimieren, etwa beim Bau von Kernkraftwerken. Dies kann durch direkte Investitionen und Kreditbürgschaften geschehen, oder auch durch Mechanismen wie das SaHo-Modell.
Steigende Kohlenstoff- und Energiepreise treffen die Ärmsten am stärksten. Zugleich setzt echte Nachhaltigkeit immer auch wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit voraus. „Flexibilität der Nachfrage“ ist viel zu oft bloß ein Euphemismus für Energiearmut. Wir wollen, dass EU und nationale Regierungen geeignete Umschulungs- und Unterstützungsprogramme auflegen, um Beeinträchtigungen der Menschen zu minimieren. Hoch auf der Agenda für eine gerechte Transformation steht für uns, Industrien und Lieferketten für saubere Technologien in Europa zu halten bzw. aufzubauen, dies schließt Abbau und Verarbeitung sogenannter „Seltener Erden“ und anderer Schwerindustrien ein.
Wo wir stehen und wo wir hinwollen
RePlanet-Standpunkt zur europäischen Energiepolitik
Zuverlässige, qualitativ hochwertige und kostengünstige Energiesysteme sind das Rückgrat hoher Produktivität und eines hohen Lebensstandards. Hohe Produktivität und anhaltende Überschüsse in der Energie- und Ressourcengewinnung ermöglichen uns viele Dienstleistungen, die wir heute als selbstverständlich ansehen, sowie wie auch die Existenz von Institutionen und Bildung, die den menschlichen Fortschritt, Wissenschaft und die Technologieentwicklung vorantreiben. Noch immer verdanken wir diese Energiedienstleistungen fossilen Brennstoffen, aber deren Kosten für uns und künftige Generationen werden immer unerträglicher. Der Grund sind Treibhausgase, die bei der Nutzung dieser Brennstoffe freigesetzt werden und den Klimawandel immer weiter beschleunigen.
Wirksamer Klimaschutz und die Ziele des Pariser Abkommens erfordern, dass Europa seine Emissionen schnell und tiefgreifend reduziert. Andererseits verschärft sich auch die Biodiversitätskrise: Wir müssen beide Herausforderungen gemeinsam bewältigen, nicht die Eine auf Kosten der Anderen. Weiterer technologischer Fortschritt und der massive Ausbau sauberer, umweltfreundlicher Energien ermöglichen uns, unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, bis wir Flächen an die Natur zurückgeben und so natürliche Ökosysteme wiederherstellen können.
Außerdem liegt uns am Herzen: Um die soziale und politische Akzeptanz beim Bewältigen dieser Herausforderungen zu erhalten, müssen wir sicherstellen, dass so wenig Menschen wie möglich ihren Lebensstandard durch Energiearmut oder ihre Freiheit durch Vorschriften bedroht sehen. Der Übergang zu einer emissionsneutralen und umweltschonenden Energieversorgung muss nicht nur schnell, sondern auch gerecht sein.